Geschichte der Leopoldstadt

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Aus dem Wasser geboren
Achtzehn Häuser in einer Zeil'
Fortsetzung

Nach dem großen Pogrom von 1421, der „Wiener G'sera', von der anläßlich der Grabungen auf dem Wiener Judenplatz 1996 beeindruckende Zeugnisse entdeckt wurden, kommt es um die Mitte des 16. Jahrhunderts wieder zu argen Repressionen, den Juden wird Haus- und Grundbesitz innerhalb der Stadtmauern verboten, und um 1570 taucht erstmals die Idee auf, die Juden im Unteren Werd anzusiedeln. 1626 wird vom Bürgerspital eine als „Heide" bezeichnete baumlose Fläche hinter dem Klostergarten der Karmeliter an die jüdische Gemeinde verpachtet. Die Grenze muß man sich nach heutigen Begriffen etwa auf der Linie Kleine Pfarrgasse-Große Schiffgasse-Krummbaumgasse-Karmelitergasse-Taborstraße denken.

Auf diesem Gelände standen 14 Häuser, die auf Befehl der Obrigkeit an die Juden verkauft werden mußten, weitere 15 kamen unmittelbar nach Abschluß des Pachtvertrages hinzu, und bis 1669 standen bereits 136 Häuser. In der Großen Pfarrgasse, damals „Obere Gasse" genannt, wurde zugleich mit den ersten Häusern eine Synagoge errichtet, die später als „Alte Synagoge" bezeichnet und schon wenige Jahre danach durch die größere „Neue Synagoge" (an der Stelle der heutigen Leopoldskirche) ergänzt wurde. Es gab überdies ein Wachhaus, ein Gemeindehaus, ein Spital und eine allgemeine Schule sowie ein Studierhaus für die Talmudschüler. Während sie sämtlichen Tätigkeiten außerhalb des Gettos nur mit äußersten Beschränkungen nachkommen konnten, genossen die Juden innerhalb der Gettomauern relative wirtschaftliche Freiheit. Ihre Ärzte zählten zu den angesehensten ihrer Zeit und wurden auch immer wieder zu hohen und höchsten Herrschaften in die Stadt berufen, und ihr Studierhaus galt als ein Zentrum der Gelehrsamkeit, das sich weit über die Grenzen des Reichs hinaus Anerkennung erwarb.

Trotz der räumlichen Beengtheit und der schlimmen sanitären Verhältnisse - so kam es wiederholt zu massenhaften Erkrankungen an Typhus, Pest und Schwarzen Blattern - hätte also die Judenstadt im Unteren Werd einen steten Aufschwung nehmen können, wäre es nicht immer wieder zu Verfolgungen durch die Christen gekommen. Ein angeblicher Ritualmord am 9. Mai 1665 - später stellt sich heraus, daß die Ermordete von ihrem eigenen Mann umgebracht worden war - gibt Anlaß zu schwersten Mißhandlungen der jüdischen Bevölkerung, es kommt auch immer wieder zu Brandlegungen und Überfällen. Am 26. Juni 1668 verfügt die Obrigkeit, daß die Juden das Getto nicht mehr verlassen dürfen, am 27. Februar 1670 wird ihre Austreibung beschlossen, und am 25. Juli gleichen Jahres verlassen diese ihre Häuser, nur unter Mitnahme dessen, was sie tragen können. Jeglicher andere Besitz verfällt der Stadt.

Nur 24 Tage nach dem Auszug der Juden, am 18. August 1670, legte Kaiser Leopold 1. - dessen spanische Gattin Margareta neben seinem Berater Bischof Kollonitsch als treibende Kraft hinter den Judenverfolgungen angesehen wurde - den Grundstein zu einer Kirche, die an der Stelle der Neuen Synagoge in der Großen Pfarrgasse errichtet werden sollte. Schon ein Jahr später. am 6. September 1671, wurde die Kirche St. Leopold geweiht. Und etwa zur gleichen Zeit kam die Bezeichnung „Leopoldstadt" für den Unteren Werd auf, die sich in der Folge auf den ganzen Bereich jenseits des Wiener Wassers inklusive der heutigen Brigittenau erstrecken sollte. Nur kurz ruhte der Segen Leopolds, des Kirchenpatrons, auf der aufblühenden Vorstadt - ein Segen, der nicht zuletzt mit dem Leid der vertriebenen Juden erkauft war. Schon nahte eine neue Bedrohung, schlimmer fast als alles, was den Leopoldstädtern bisher widerfahren war. Die Türkenbelagerung 1683.

Fortsetzung folgt !

(Text aus dem Buch LEOPOLDSTADT von Helga Gibs, erschienen im Mohl Verlag)


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